European Touring Car Championship

Tarquini und Colciago stark bei Alfa's Heimspiel

Enna Pergusa - Bereits seit 1997 ist Alfa Romeo in Enna Pergusa fast unschlagbar und auch bei der diesjährigen Neuauflage des europäischen Championats für Zwei-Liter-Tourenwagen bestimmten die 156 GTA des Alfa-Werksteams Autodelta das Geschehen an der Spitze. Unter dem Jubel der 40.000 Fans rund um den italienischen Kurs war diesmal zunächst Roberto Colciago der Mann, den es zu schlagen galt. Bereits am Samstag im Qualifying zeigte der italienische Ex-Formel 3-Pilot der Konkurrenz das Heck seines Alfas und auch im ersten der beiden Läufe am Sonntag siegte er nach einem packenden Dreikampf mit Dirk Müller im BMW 320i sowie seinem Teamkollegen Gabriele Tarquini. Letztgenannter schlug dann aber im zweiten Lauf zurück und siegte diesmal vor Colciago. Mit diesem Ergebnis zog Tarquini in der Fahrerwertung mit Jörg Müller gleich und auch in der Herstellerwertung konnte sich Alfa Romeo bis auf fünf Punkte an BMW heranschieben.

Für Dirk Müller war es jedoch wie schon zuvor in Magny Cours kein ungetrübtes Rennwochenende, denn nach Platz zwei im ersten Rennen wurde der Ex-Porsche-Junior bereits kurz nach dem Start des zweiten Rennens eliminiert. Namensvetter Jörg hatte allerdings auch nicht mehr Glück, denn der Hückelhovener musste in Lauf zwei in Führung liegend mit einem technischen Defekt aufgeben. Die Negativserie der BMW-Piloten komplettierte Neuzugang Fabrizio Giovanardi, der - zum ersten Mal mit einem Hecktriebler in Pergusa unterwegs - nach einem Doppelausfall seine Titelchancen schwinden sah. Kein Glück auch für Seat, deren Fahrer Frank Diefenbacher und Jordi Gené beide in Lauf eins in einen Startunfall verwickelt wurden und punktelos blieben. Diefenbacher liess zumindest in Lauf zwei noch einmal sein Talent sowie das Potential des Toledo Cupra aufblitzen, indem er die sechstschnellste Runde des Rennens fuhr. Im Feld der Privatiers überraschte Alessandro Balzan mit Rang drei und damit einem Podiumsplatz im zweiten Lauf, während Junior Fabio Francia mit seinem Clever Cats R&M-Alfa im ersten Rennen als Fünfter der schnellste Pilot in der "Independant Drivers"-Wertung war.

Als das Rotlicht der Startampel zum ersten Mal erlosch, sprintete zunächst Roberto Colciago von der Pole Position in Führung, gefolgt von Dirk Müller, Tarquini und Giovanardi. Francia erwischte dagegen einen schlechten Start, verlor zwei Plätze und fiel von P4 auf P6 zurück. Beim Anbremsen der ersten Kurve drehte sich Diefenbacher's Seat Toledo und schleuderte ausgerechnet in das Fahrzeug seines Teamkollegen Jordi Gené hinein. Beide konnten sich zwar am Ende des Feldes wieder einreihen, hatten jedoch massive Beschädigungen an ihren Fahrzeugen. Hinter dem Führungstrio Colciago-Dirk Müller-Tarquini hatte sich in der Anfangsphase eine Verfolgergruppe, bestehend aus Giovanardi, Priaulx, Francia, Jörg Müller und Larini gebildet. Dahinter kämpften Balzan, Coronel und Garcia um die neunte Position. Spitzenreiter Roberto Colciago stand unter enormem Druck, denn Dirk Müller und Tarquini klebten förmlich an seinem Heck und wollten ihm unbedingt die Führung abjagen. Gleichzeitig attackierte Francia Priaulx und Larini suchte einen Weg vorbei an Jörg Müller. Diefenbacher und Gené hingegen entschlossen sich zur Aufgabe, um ihrem Team die Chance zu geben, die Fahrzeuge bis zum Start des zweiten Rennens wenigstens notdürftig zu reparieren.

In Runde vier touchierte Giovanardi in der Schumacher-Schikane die Reifenstapel und beschädigte dabei den Frontspoiler seines BMW 320i. Währenddessen konnte man Colciago, Dirk Müller und Tarquini auch nach fünf Runden noch mit dem berühmten Handtuch zudecken; nur 0,8 Sekunden trennten die drei Kontrahenten. In der Spitzengruppe bekam Giovanardi als Folge seines Frontschadens immer stärkere Handlingsprobleme und verlor in kurzer Zeit vier Positionen an Priaulx, Francia, Jörg Müller und Larini, womit er an die achte Position zurück fiel. In Runde fünf gab Couto mit Bremsproblemen auf, zwei Runden später stoppte auch Cayrolle, der nach einer Berührung der Streckenbegrenzung vorne links einen Reifenschaden erlitt. Der Kampf um die Spitze wurde jetzt heftiger. Dirk Müller gab alles und räuberte in den Schikanen heftig über die Curbs, um Boden gut zu machen. Sein Rückstand auf Colciago betrug am Ende der achten Runde nur noch 0,172 Sekunden, und auch Tarquini gab die Hoffnung auf einen Sieg noch nicht auf. In der letzten Runde setzte Dirk noch einmal alles auf eine Karte und nahm die Schikane voll mit dem Risiko, das Auto aus der Kontrolle zu verlieren. Nebeneinander flogen sein BMW und Colciago's Alfa 156 auf die Ziellinie zu, doch für den Italiener reichte ein hauchdünner Vorsprung zum Sieg vor Müller und Tarquini. Priaulx gelang es, seine vierte Position gegen Francia zu verteidigen, der sich trotzdem als bester Privatier riesig über Platz fünf freute. Die weiteren Punkteränge gingen an Jörg Müller, Nicola Larini und Alessandro Balzan, der sich mit Platz acht die Pole Position für den zweiten Lauf sicherte.

Und seine Pole Position konnte der Italiener mit der Startnummer 12 beim Start zum zweiten Lauf auch zunächst einmal in eine Führung umwandeln. Dabei begünstigte ihn allerdings ein Defekt an der Startampel, die das Rennen nicht wie nach FIA-Reglement vorgeschrieben durch das Erlöschen der fünf roten Lichter freigab. Larini, der neben Balzan in der ersten Reihe stand, würgte am Start seinen Motor ab, was eine Kollision der hinter ihm stehenden Fabio Francia und Dirk Müller nach sich zog. Am Ausang der ersten Schikane schnappte sich Jörg Müller Balzan und setzte sich in Führung, während Tarquini sich von Priaulx die dritte Position schnappte. Bereits nach der ersten Runde suchten Francia und Dirk Müller ihre Box auf, da sowohl der Alfa als auch der BMW bei dem Startunfall zu stark beschädigt worden waren. An der Spitze gab Jörg Müller alles, um seine Führung auszubauen, doch Gabriele Tarquini kam ihm Meter für Meter näher. Der Italiener überholte in Runde zwei balzan und schloss dann zügig zu dem Hückelhovener auf. Balzan hingegen verlor in der gleichen Runde noch eine weitere Position an Roberto Colciago. In Runde drei bekam Jörg Müller Probleme mit der Servolenkung an seinem 320i, weil an der Servopumpe der Zahnriemen gerissen war. So konnte er sich nicht sonderlich wehren, als Tarquini ihn in der schnellen Schikane überholte. Wenig später verlor der Deutsche Formel 3-Meister von 1993 auch noch Platz zwei an Colciago, der in der Schumacher-Schikane an ihm vorbeizog. Jörg Müller's Auto wurde immer unfahrbarer, und nach einem Ausritt ins Kiesbett kam er an die Box und gab auf.

In Runde vier war Giovanardi im Kampf um Platz acht eingangs der ersten Schikane zu schnell und drehte sich, wodurch Duncan Huisman wieder etwas Luft bekam. Das Duo Tarquini-Colciago hatte sich währenddessen an der Spitze einen komfortablen Vorsprung erarbeitet, während Balzan all sein Können aufbieten musste, um Platz drei gegen den nachdrängenden Andy Priaulx zu verteidigen. Der aber wiederum musste auch seinen Rückspiegel im Auge behalten, denn Larini lauerte hinter ihm auf eine Chance zum Überholen. Hinter dieser Dreiergruppe hatten sich die Verfolger in der Reihenfolge Ruberti, Coronel, Huisman, Garcia und Diefenbacher formiert, die alle um die sechste Position in diesem sechsten Lauf der Saison kämpften. Für Couto kam das vorzeitige Aus, da das Team PRO Motorsport die Motorprobleme an seinem Honda Civic Type R nicht in den Griff bekam. In Runde sieben ereilte auch Ryckard Rydell das vorzeitige Aus nach Motorschaden, und eine Runde später folgte Marc Gené seinen Kollegen in die Boxengasse. Der Spanier fiel jedoch durch eigenes Verschulden aus, denn er hatte die Reifenbarriere in der Schikane touchiert und dabei seinen Seat Toledo beschädigt.

Umso besser fuhr Frank Diefenbacher im zweiten Fahrzeug der spanischen Volkswagen-Tochter. Der Pforzheimer überholte zuerst Duncan Huisman und dann auch noch Tom Coronel, womit er sich Rang acht sicherte. Allerdings währten die Punkteträume nicht lange, denn nur wenig später erlitt Diefenbacher einen Reifenschaden und fiel aus. Tarquini und Colciago liessen an der Spitze nichts mehr anbrennen und überquerten Stoßstange an Stoßstange die Ziellinie, während Priaulx sich an Balzan die Zähne ausbiss und sich schließlich mit Rang vier zufriedengeben musste. Balzan war verständlicherweise überglücklich über dieses Ergebnis, welches nicht nur den Sieg in der Privatfahrer-Wertung sondern gleichzeitig auch die beste Platzierung für sein Bigazzi-Team seit der Teilnahme an diesem Championat nach dem FIA Super 2000-Reglement bedeutete. Larini, Ruberti, Garcia und Coronel überquerten hinter Priaulx den Zielstrich und komplettierten die Punkteränge.